
Hendrik Geyer, Biologe der Stiftung Natur und Umwelt (SNU) Rheinland-Pfalz, führte Ende September als Projektmanager eine Gruppe Interessierter – bei überraschend schönem Wetter! – ins ArtenFinder-Projekt im Stöffel-Park ein. Es gibt viele Orte und Gelegenheiten, um die Natur und ihre Bewohner zu beobachten. Mit dem ArtenFinder können sie erfasst, geteilt, eigene Analysen durchgeführt und Funde dem Naturschutz zur Verfügung gestellt werden, so die Stiftung.
Systematisch dokumentiert
Dabei werden gesichtete Tiere, Pflanzen und Pilze per Foto oder Tonaufnahme dokumentiert, im ArtenFinder hochgeladen und dem Naturschutz bereitgestellt. Expertinnen und Experten der SNU überprüfen veröffentlichte Meldungen. Diese geprüften Beobachtungsdaten gehen in die zentrale Artendatenbank des Landes Rheinland-Pfalz (LANIA) ein und stehen hier den Akteuren aus Naturschutz, Forschung und Umweltplanung zur Verfügung. Die Landesdatenbanken bilden die Grundlage für Artenhilfsprogramme, die Anpassung von Bauprojekten und Ausgleichsmaßnahmen und werden auch für die Erstellung von Roten Listen berücksichtigt.
Selbst gefunden – selbst bestimmt
Nach dieser Einführung schickte Hendrik Geyer die Teilnehmer mit Lupengläsern auch gleich ins Gelände, um Insekten und anderes Getier zu fangen. Der Biologe erläuterte Eigenschaften und Fangmethoden verschiedener Spinnenarten und auch den Unterschied zwischen Käfern mit ihren beißenden/kauenden und Wanzen mit stechenden/saugenden Mundwerkzeugen.
Die Rote Mordwanze wird gesichtet!
Zu den besonderen Funden an diesem Tag im Erlebnisgarten zählte die eher seltene Rote Mordwanze (Rhynocoris iracundus), die ihre Vorliebe für eine warme Umgebung im ehemaligen Steinbruch des Stöffel-Parks findet. Sie lebt ausschließlich räuberisch von anderen Gliederfüßern, die sie durch den Stich mit ihrem Rüssel tötet. Auch für den Menschen ist dieser Stich sehr schmerzhaft.
Totengräber-Käfer räumen auf
Weiter konnte die Gruppe ein Totengräber-Käfer (Nicrophorus) beim Verzehr einer toten Spitzmaus beobachten. Dabei untergraben die Käfer zur Fortpflanzungszeit (je nach Art Mai bis August) das Aas, bis es in den Boden absinkt. Im Anschluss wird ein schräger Gang ins Erdreich angelegt und der Kadaver hinterhergezogen. Durch dieses Ziehen verformt sich die Leiche mehr und mehr zur sogenannten Aaskugel, die als Versorgung der Brut der Totengräber-Käfer dient.
Gefahr für die Männchen – aber auch für sich selbst: die Gottesanbeterin
Neben Ackerhummel, verschiedenen Wildbienen, Marienkäfer und Gammaeule (einer der bekanntesten Nachtfalter), war zweifelsohne eine imposante Europäische Gottesanbeterin (Mantis religiosa), die sich, erkennbar an dem prallen Hinterleib, kurz vor der Eiablage befand. Nach der Paarung wird das Männchen vom Weibchen gefressen. Einige Tage nach der Begattung werden 200 bis 300 Eier gelegt – das Weibchen stirbt kurz danach –, die durch eine schnell härtende, schaumige Eiweißmasse geschützt werden, die Bauschaum ähnelt, so der Biologe. Hierin überwintern, ausgezeichnet isoliert, die Embryonen, um dann im Mai bzw. Juni des Folgejahres zu schlüpfen und sich mindestens fünfmal häuten müssen, bis sie das Erwachsenenstadium erreichen und sich wiederum paaren können.
Wer auf der Roten Liste steht, braucht Schutz
Diese Wärme liebende Fangschrecke steht auf der Roten Liste und genießt per Gesetz besonderen Schutz. Zu ihrem Beutespektrum gehören Heuschrecken und Grillen, aber auch Schmetterlinge und andere Gliederfüßer, die sie bei lebendigem Leib frisst. Dabei sitzt sie gerne auf Besenginster, Goldruten, Rainfarn oder Johanniskräutern und lauert dort ihrer Beute auf. Für Experten ist sie ein Marker für die Erwärmung unseres Klimas. Auch deshalb wird ihr Vorkommen wissenschaftlich erfasst.
Der Stöffelverein bedankt sich bei Hendrik Geyer für die spannenden Einblicke in die Insekten- und Spinnenwelt und hofft auf eine baldige Fortsetzung des ArtenFinder-Projekts im Stöffel-Park. Wer mehr wissen will, kann auf der Website ArtenFinder stöbern.
(Fotos Michaela Nilius)